Lewis & Clark Trail
28. Tag: 17. September 1999 Williston — Glasgow
Auch hier kann ich mich wenig für das Continental Breakfast begeistern. Aber das Restaurant von gestern Abend bietet Frühstück an und so versuche ich dort abermals mein Glück. Während ich frühstücke sehe ich noch einer älteren Dame zu wie sie gerade auf den Parkplatz fährt. Als sie eingeparkt hat steigt sie aus, öffnet die Motorhaube und holt noch einen Schraubenschlüssel aus dem Auto. Ein paar Handgriffe und die Kiste ist wieder flott. Nicht schlecht, wenn man an das Alter denkt — und vor allem die Kleidung paßte gar nicht zu jemanden, der an Autos schraubt…
Ich verlasse das Restaurant und fahre zur Tankstelle, die ich gestern schon als günstigste Markentankstelle entdeckt hatte. Pünktlich nach meinem Zeitplan um halb neun beginne ich meine heutige Tour. Es geht zuerst auf dem Highway 2 Richtung Westen. Dann folge ich auf dem Highway 1804 dem Missouri. Kurz nach Trenton plane ich auf meine Backroads abzubiegen. Doch der Weg ist wieder einmal gesperrt. Also fahre ich ca. 1 Meile weiter, bis ich die nächste Gelegenheit zum Abbiegen erreiche. Doch auch hier geht es nicht bis zum Fluß und werde durch „Private Property”–Schilder wieder zum Umkehren gezwungen. Bei Marley treffe ich dann auf den Highway 1804. Kurz darauf weiche ich auf die nächste Backroad aus. Aber auch dieser Versuch zum Fluß zu gelangen scheitert und ich muß ein Stück vor dem Fluß wieder abbiegen.
Zusammenfluß Yellowstone und Missouri River, North Dakota
Schließlich geht es zu meinem ersten Etappenziehl: Fort Buford State Historic Site. Leider sieht man hier wenig von der Vergangenheit. Der Platz ist als Camping– und Freizeitplatz aufgebaut. Um diese Zeit ist allerdings niemand hier. Ich steige aus, um mir die Lewis & Clark–Tafeln anzusehen. Genau hier mündet auch der Yellowstone River in den Missouri. An dieser Stelle fand auch die Vereinigung der beiden Parteien auf dem Rückweg vom Pazifik statt. Sie trennten sich jenseits der Rocky Mountains um weitere schiffbare Möglichkeiten für einen Weg zum Pazifik zu finden.
Fort Buford, North Dakota
Ich versuche noch ein paar Aufnahmen von dieser Stelle zu machen und flüchte dann ziemlich schnell zum Auto. Innerhalb kürzester Zeit haben die Mücken die frische Nahrung am Ufer entdeckt und stürzen in Scharen über mich her. Doch ich schaffe es ohne größeren Blutverlust bis zum Auto. Beim Verlassen des Platzes entdecke ich noch einen weiteren Wegweiser nach Fort Buford. Ich folge diesem und erreiche dann doch noch die eigentliche Stelle. Hier kann man zuerst durch fast mannshohes Präriegras wandern. Schließlich erreicht man eine Denkmalstelle. Im Gras sieht man überall die Spuren von Wild, das hier anscheinend in den frühen Morgenstunden durchspazierte.
Fort Buford, Hauptgebäude, North Dakota
Auf dem Weg zurück zum Auto überlege ich, ob das kleine Gebäude auch zum Besichtigen ist. Es ist fast niemand auf dem Gelände. Lediglich zwei Autos parken hier. Schließlich versuche ich doch noch mein Glück. Das Gebäude ist tatsächlich das wieder renovierte Hauptgebäude von Fort Buford. Dieses Fort wurde teilweise aus den Überresten von Fort Union, meinem nächsten Ziel, errichtet. Am Eingang erwartet mich eine Dame. Ich frage sie, ob ich mir das Fort anschauen kann. Sie meint, eigentlich räumen sie gerade alles aus. Aber wenn ich will, kann ich noch eine kleine Führung bekommen. Im Moment wird hier alles für das große Lewis & Clark Ereignis 2004 vorbereitet. Zur 200–Jahr Feier soll an der Mündung des Yellowstone River ein großes Interpretative Center errichtet werden. Auch hier wird das ganze Gebäude renoviert. Ich bin einer der letzen Besucher für die nächsten ein bis zwei Jahre, die das Gebäude von innen sehen werden. Sie erzählt mir auch, daß hier einmal ein berühmter Indianerhäuptling verhaftet wurde. Die Ausstellung selbst zeigt einiges zur Geschichte des Fort und zum Leben in der damaligen Zeit. Das Ganze wird mit Kleidungsstücken und Utensilien aus der Zeit geschmückt. Nach der Führung bedanke ich mich für die Ausnahme.
North Dakota — Montana Staatsgrenze bei Fort Union
Jetzt geht es weiter zum Fort Union. Zuerst muß ich zurück auf den Higwhay 1804 und dann ca. 1 Meile weiter bis zu Fort Union. Die Einfahrt befindet sich bereits in Montana. Aber Fort Union selbst befindet sich noch in North Dakota. Auf dem Fußweg zum Fort überquert man also abermals die Staats– und auch die Zeitgrenze.
Fort Union Handelsposten, North Dakota
Fort Union Handelsposten, North Dakota
Das Fort wurde 1828 von der American Fur Company gegründet. Es sollte der zentrale Handelsplatz für Pelze werden. Doch schon bald ging der Handel mit Biberpelzen stark zurück. Dafür stieg der Handel mit Büffelleder. Außerdem nahm der Flußhandel immer mehr zu und so konnte Fort Union seine Vormachtstellung behaupten. Sehr viele Indianer waren die damaligen Handelspartner. 1837 brach wegen der Pockenseuche unter den Indianern der Handel deutlich ein. Doch schon bald erholte er sich wieder. 1857 dezimierte allerdings eine weiter Pockenseuche die Indianer und sie versuchten durch Flucht der Seuche zu entkommen. Auch nahm mittlerweile die Besiedlung der Gebiete immer mehr zu. 1864 war das Fort in einem extrem schlechten Zustand. Ein General, der mit seinen Leuten den Winter hier verbrachte, schrieb, daß das Fort beinahe auseinanderfällt. Als im Juni 1866 eine neue Infantrieeinheit ankam, wurde der Bau von Fort Buford an der Stelle des ehemaligen Fort William beschlossen. Fort Union wurde zu diesem Zeitpunkt an die Northwest Fur Company verkauft, die wieder versuchte, den Handel in diesem Gebiet zu beleben. Doch auch sie hatten wenig Erfolg und so verkauften sie das Fort 1867 an die Armee. Die Truppen rissen daraufhin das Fort ab und verwendeten das Material für den Aufbau von Fort Buford. Lediglich die Grundsteine blieben erhalten. Erst 1966 wurde das Gebiet vom National Park Service gekauft. Mittlerweile war über das gesamte Gebiet Gras gewachsen. Zuerst mußten alle Fundamentsteine freigelegt werden. In der Zeit von 1985 bis 1991 wurde dann das komplette Fort mit den Außenmauern, Hauptportal nach Süden zum Fluß, Nordeingang zur Prärie und das Bourgeois House neu errichtet.
Während ich gerade die Innenseite des Fort filme, hoppelt ein Hase durch das Fort. Der muß natürlich sofort auf den Film. Für ein Foto reichte dann leider die Zeit nicht mehr. Dann besichtige ich das Bourgeois Haus. Hier kann man eine Ausstellung zur Geschichte des Fort bewundern. Auch der typische Andenken–Shop fehlt nicht. Ich verlasse das Gebäude auf der Nordseite und filme noch den Glockenturm. Dann geht es zum Nordportal aus dem Fort. Hier kann ich noch einen Blick über die Prärie genießen bevor es zurück zum Auto geht. Mittlerweile ist es kurz vor eins und ich bin schon wieder eineinhalb Stunden hinter meinem Zeitplan. Auch ist es ganz schön warm geworden. Die Sonne hat immer noch Kraft, obwohl es in der Früh immer ziemlich frisch wird.
Highway 327, Montana
Um 13 Uhr setze ich meine Fahrt auf dem Highway 1804 fort, der hier in Montana in den Higwhay 327 übergegangen ist. Ebenso hat mich wieder einmal die Teerdecke verlassen. Nach ein paar Meilen muß ich an einer Baustelle stoppen. Ich unterhalte mich eine Weile mit der Stoppschildträgerin. Sie erzählt mir, daß die Straße für das große Lewis & Clark Event geteert und verbreitert wird. Vor kurzem kam hier auch eine Buchautorin vorbei, die ein Buch über den Trail schreiben will.
Missouri River, Montana
Nach zehn Minuten kann ich weiter fahren. Ich folge dem Highway 327 — oder besser der Staubstraße — bis ich die kleine Backroad nach Bainville erreiche. Auf dieser geht es bis Bainville und von dort auf dem Highway 2 Richtung Culbertson. Dort biege ich auf den Highway 16 ab und überquere den Missouri.
Backroad, Montana
Missouri River, Backroad, Montana
Kurz nach der Brücke geht die Road 152 nach Westen ab. Jetzt geht es über viele kleine Backroads immer am Missouri entlang. Manchmal muß ich wieder etwas weiter in das Landesinnere fahren, wenn gerade kein Weg mehr am Fluß entlang führt. Nach einiger Zeit erreiche ich den Highway 13. Diesem folge ich ca. 1 Meile, bis nach Westen die Road 528 abzweigt. Dieser ist anfangs noch geteert. Doch schon bald verläßt mich die Teerdecke abermals.
Ein Warnschild am Rande erinnert, daß man diese Straße nur fahren sollte, wenn es trocken ist. Bei Regen sind diese Wege unpassierbar. Glücklicherweise ist aber bester Sonnenschein und ich fahre weiter auf der Staubstraße. Plötzlich erreiche ich eine Straßensperre. Aber es wurde ein kleiner Umweg aufgebaut, damit man die Stelle passieren kann.
Allerdings gefällt es auch einer kleinen Gruppe von Kühen an dieser Stelle. Es dauert schon einige Zeit, bis sie sich von dem Feldweg erheben und mich passieren lassen. Man merkt: Hier ist man auf dem Lande…
Missouri River, Montana
Teilweise hat man einen wunderbaren Ausblick auf den Missouri. An einer Stelle stoppe ich ziemlich abrupt und steige aus, um ein Photo zu machen. Hier auf den Nebenstrecken kann man sich das erlauben. Hier ist kaum Verkehr. Wie ich zurück gehe zum Wagen, kommt gerade ein ziemlich vergammelter Van die Straße herauf. Die beiden Männer halten und fragen mich, ob ich ein Problem mit dem Wagen habe weil sie von unten am Hügel gesehen haben wie ich so plötzlich abbremste und aus dem Wagen sprang — da könnte sich so manche Autofahrer in Deutschland ein Beispiel nehmen! Zwei Leute die selbst nichts haben aber sofort Fremden helfen wollen!
Ich beschwichtige und sage, daß ich nur wegen eines Bildes hier gestoppt habe. Als sie erfahren, daß ich aus Deutschland komme, sind sie ziemlich überrascht. Normalerweise begegnet man hier sicher keinen Touristen. Er frägt mich nach dem Endziel meiner Reise. Wie er Seattle hört ist er gleich begeistert. Seine Tochter arbeitet im Space Needle. Auch da möchte ich noch hin. Bald verabschieden wir uns wieder und jeder setzt seinen Weg fort. Hier auf den Backroads ist einfach ein anderer Umgangston. Hier hilft noch jeder jedem.
Fort Peck Damm, Montana
Bald erreiche ich den Highway 24. Diesem folge ich bis zum Fort Peck Damm, meinem letzten Besichtigungspunkt für heute. Der Bau wurde 1933 von Präsident Franklin D. Roosevelt gemehmigt. Es war der erste Damm, der am oberen Missouri Flußlauf errichtet werden sollte. Für tausende von depressionsgeplagten Arbeitern war dies die Chance für eine neue Zukunft. Der Bau wurde 1934 begonnen. 1936 wurde die maximale Anzahl von Arbeitern erreicht: Stattliche 11000 Arbeiter! 1940 wurde der Bau schließlich abgeschlossen — sieben Jahre nach dem Startschuß von Präsident Roosevelt.
Fort Peck See, Montana
Ich genieße den Ausblick über den Fort Peck See und den Missouri. Anschließend geht es weiter auf dem Highway 24 über den Damm und von dort bis zum Highway 42 nach Glasgow. Hier plane ich zu übernachten. Leider finde ich kein allzu überzeugendes Motel. Schließlich bleibe ich am Westende der Stadt im Star Lodge Motel hängen. Ich frage noch, wo man hier am besten Abend Essen kann. Sie meint, im Restaurant gegenüber wäre es nicht schlecht. Ich bedanke mich und räume meine Sachen aufs Zimmer. Die Zimmer sind zwar einfach, aber sauber. Nur der Türe schenke ich nicht allzu viel Vertrauen. Nachdem ich es dann doch geschafft habe, diese von außen zu verriegeln, gehe ich zu dem empfohlenen Restaurant. Doch leider ist es nur ein Schnellimbiss — irgendwie nicht das, was ich wollte. Aber ich bin ziemlich müde und so bestelle ich mir panierte Hühnchenteile. Leider schmeckt das ganze dann auch so, wie ich es befürchtet hatte. Nachdem ich alles geschafft habe, gehe ich wieder zurück zum Motel. Hoffentlich wird das morgen mit dem Frühstück nicht auch noch so eine Pleite…
- Besichtigungen
- Fort Buford SHS
- Fort Union Trading Post NHS
- Fort Peck Damm
- Allgemein
- Frühstück: Western ND Restaurant, Williston
- Abendessen: Schnellimbiß, Glasgow
- Motel: Star Lodge Motel, Glasgow
- Tagesetappe: 222 Meilen