Lewis und Clark Trail zurück 1805 — 1806
32. Tag: 12. September 2001 Malta — Billings
Die Nacht war richtig erholsam. Ich packe meine Sachen zusammen und verlasse das Motel. Auschecken muß man hier nicht. Der Schlüssel soll einfach im Zimmer verbleiben — das war’s. Dann versuche ich wieder mein Glück bei dem Westside Restaurant nebenan in der Hoffnung, daß sie Frühstück haben.
Die Anzahl der Autos stimmt mich optimistisch. Gerade bekomme ich noch einen Platz. Es ist bereits kurz nach neun und trotzdem ist hier alles voll. Ich bestelle wieder meine fast schon üblichen Spiegeleier. Während dem Essen bekomme ich die Diskussionen an den Nebentischen mit. Auch heute sind immer noch die Ereignisse des gestrigen Tages das Gesprächsthema. Überall hört man den Aufruf zur Solidarität.
Missouri Breaks, Highway 191, Montana
Gegen halb zehn verlasse ich das Restaurant wieder und fahre zur nebenan gelegenen Tankstelle. Um dreiviertel zehn kann dann der voraussichtlich endgültig letzte Teil meines Lewis & Clark Trails beginnen. Zuerst folge ich dem Highway 191 nach Süden. Dies ist die gleiche Strecke, die ich vor zwei Jahren nach meinem gescheiterten Versuch die Backroads zu fahren gefolgt bin. Doch dieses mal zweige ich nach der Überquerung des Missouri nach Westen am Flußufer ab.
88 S10 Blazer auf der NWR209, Montana
Hier beginnt die NWR209. Ein Warnschild verdeutlicht noch einmal, daß diese Strecke nur im trockenen Zustand befahren werden kann. Nach meinen nun zwei Jahre alten Erlebnissen glaube ich das gerne. Es geht auf den teilweise gleichen Straßentypen steile Hänge hinauf. Wenn der Boden nur etwas naß ist hat man selbst mit Vierrad kaum eine Chance da hinauf zu kommen.
Aber die Aussicht auf die Missouri Breaks, wie dieses Gebiet genannt wird, ist phantastisch. Ich stoppe eigentlich mehr als zu fahren. Bei einem Stopp, wie ich gerade ein Bild gemacht habe, kommt mir ein Fahrzeug entgegen. Da ich ehrlich gesagt nicht jemand auf dieser Strecke erwartet hatte, steht mein Auto nicht ganz am Straßenand. Ich entschuldige mich bei dem älteren Ehepaar im anderen Geländewagen. Dabei kommen wir ins Gespräch und er empfiehlt mir unbedingt die Strecke der Missouri Breaks zu fahren. Dies war auch mein Plan. Und jetzt bekomme ich auch gleich noch eine Wegbeschreibung dazu. Da kann ich mich gar nicht mehr verfahren.
Missouri River, NWR307, Montana
Nach ein paar Minuten fahren wir weiter, jeder in die entgegengesetzte Richtung. Nach einem kurzen Stück komme ich zur beschriebenen Abzweigung. Hier wird die Strecke auch wieder deutlich wilder. Zwar nicht ganz so schlimm wie gestern, aber es geht einige extrem steile Hänge hinauf und hinunter, deren Straßen stark ausgewaschene Rinnen führen. Hier möchte ich wirklich nicht bei Regen unterwegs sein. Aber jetzt, auf trockener Straße, macht es wirklich Spaß solche Strecken zu fahren.
Backroad NWR307, Montana
So geht es jetzt einige Meilen auf der NWR307 weiter, immer mehr oder weniger nah am Südufer des Missouri entlang. Manchmal fährt man oben auf einem der zahlreichen Hügel, einmal wieder unten in der Ebene. Alles in allem eine faszinierende Landschaft.
Backroad NWR307, Montana
Nach etwa einer Stunde treffe ich wieder auf zwei Leute in einem riesigen Ford Pickup. Es sind zwei Rancher, Vater und Sohn, die hier ihr Vieh zusammentreiben müssen. Sie sind jetzt erst einmal mit dem Wagen unterwegs diese zu suchen. Dann werden sie wieder zurück fahren, um ihre Pferde zu holen, die sie einige Meilen die Straße zurück stehen gelassen haben. Die Familie lebt schon lange hier. Der Name hat einen französischen Klang. Der Großvater kommt sogar auch aus Deutschland. Leider wissen sie nicht genau woher.
Missouri Breaks, NWR307, Montana
Nach einem kurzen Gespräch verabschieden wir uns wieder und ich fahre die Backroad weiter. Bald erreiche ich auch den Platz, an dem ihr Pferdeanhänger und daneben ihre zwei Pferde stehen.
Dann geht es weiter, langsam weg vom Missouri und zurück ins Hinterland. Hier ist auch der Bereich der Missouri Breaks, durch den keine Straßen mehr führen. Der letzte Teil kann nur mit einem Kanu auf dem Fluß erkundet werden. Vielleicht mache ich das auch noch irgendwann einmal, wie mir der Mann im Lewis & Clark Interpretative Center in Great Falls empfohlen hat.
Aber jetzt geht es erst einmal wieder Richtung Zivilisation. Der erste Ort, den ich erreiche, ist Winifred. Von dort geht es auf dem Higwhay 236 bis nach Hilger, wo ich wieder auf den Highway 191 treffe. Diesem folge ich weiter bis Lewistown.
Dort beginnt der Highway 238, der mich durch den Lewis & Clark National Forest bringen soll. Ich denke, das könnte landschaftlich ein schöner Abschluß werden. Doch zu meiner Überraschung ist der eingezeichnete Highway lediglich eine Schotterpiste, und das noch dazu eine ziemlich üble. Das Auto wird kräftig durchgeschüttelt und ich bekomme auch langsam Angst um meine Kamera.
Also fahre ich wieder langsamer. Doch nach einiger Zeit muß ich erkennen, daß ich es in diesem Tempo nicht bis Billings schaffen werde. Also muß ich wohl oder übel etwas schneller fahren. Die Strecke an sich ist landschaftlich noch einmal sehr schön. Es geht durch einen kleinen Gebirgszug.
Rehe auf Highway 238, Montana
Langsam werden die Schatten wieder länger und jetzt ist auch die Zeit, in der normalerweise langsam das Wild kreuzt. Und tatsächlich sehe ich am Straßenrand ein ganzes Rehrudel. Da die Hänge neben der Straße sehr steil sind, können sie nicht so schnell entkommen, wie sie wollen. Damit habe ich die Gelegenheit, einen Schnappschuß zu plazieren.
Dann geht es weiter. Das Auto wird wieder kräftig durchgeschüttelt. Ich bekomme langsam Angst um meine neuen Achsgelenke. Aber da muß ich jetzt durch. Nach einer schier endlosen Fahrt erreiche ich endlich wieder Teerboden. Wie ich das kleine Örtchen Ryegate erreiche, merke ich, daß die Lenkung plötzlich so seltsam geht, fast als wenn der Vierradantrieb eingelegt wäre. Und tatsächlich leuchtet die Kontrolleuchte. Aber der Hebel ist in der Normalstellung. Vielleicht hat sich ja nur etwas durch die Holperei verhakt. Ich lege den Vierrad ein und nehme ihn dann gleich wieder raus. Die Lampe erlischt und ich kann wieder weiter fahren — na also.
Dann erreiche ich die Kreuzung auf den Highway 12. Wie ich abbiege merke ich plötzlich wieder das Gefühl in der Lenkung. Und tatsächlich ist der Vierrad schon wieder drin. Ich fahre auf die Seite und versuche abermals in den Zweiradmodus zu kommen. Doch trotz aller Tricks schaffe ich es nicht. Dann, nach etwa 5 Minuten, ist er endlich wieder heraus.
Ich fahre weiter, immer mmit einem Auge auf der Kontrolleuchte. Momentan sieht es gut aus. Ich habe fast das Gefühl, daß immer bei starkem Beschleunigen der Vierradantrieb aktiv wird. Nach kurzer Fahrt erreiche ich Lavina und die Abzweigung des Highway 3 nach Billings.
Langsam wird es dunkel und ich bin richtig froh, daß dies jetzt keine Schotterpiste mehr ist. Doch die Freude währt nicht lange. Plötzlich beginnt wieder die Kontrolleuchte zu flackern. Ich stoppe am Straßenrand und versuche abermals mein Glück. Nach einigem Kampf gelingt es mir, aber schon bei der nächsten kleineren Steigung geht die Lampe wieder an. Jetzt bringe ich das Licht gar nicht mehr zum Erlöschen. Es bleibt mir also nichts anderes übrig als vielleicht etwas langsamer nach Billings zu fahren. Ich hoffe, daß nichts dabei kaputt geht. Schließlich wird in der Anleitung ausdrücklich vor Fahrten im Vierrad auf trockener Straße gewarnt wegen den auftretenden Torsionskräften am Antrieb.
Gegen halb neun Uhr komme ich endlich am Motel 6 an. Die Lampe leuchtet leider immer noch. Morgen werde ich mich wohl oder übel nach einer Werkstatt umsehen müssen. Nach meinen schlechten Erfahrungen in Pittsburgh stimmt mich das ziemlich bedenklich. Aber zuerst brauche ich einmal ein Zimmer. Leider gibt es nur noch Raucherzimmer, aber die Dame am Empfang empfiehlt mir das Red Roofs Inn, das ebenfalls zum Hauptkonzern gehört und die gleichen Preise hat. Ich bedanke mich für den Tipp und fahre zum Red Roofs Inn.
Hier scheinen sich wieder einmal alle Gäste verabredet zu haben. Etwa drei Leute checken vor mir ein. Dann bin endlich ich an der Reihe. Ich bekomme sogar noch ein Nichtraucherzimmer, allerdings im ersten Stock. Aber das hatte ich um diese Uhrzeit schon erwartet. Ich schnappe mir meine Schlüssel und fahre zum Aufgang. Jetzt ist plötzlich die Lampe aus und er fährt sich auch wieder ganz normal, als wenn nichts gewesen wäre — will der mich jetzt verarschen?
Ich räume meine Sachen aufs Zimmer und fahre wieder ins Outback zum Abendessen. Um diese Uhrzeit ist es dann auch kein Problem mehr, einen Platz zu bekommen. Schließlich geht es langsam auf halb zehn Uhr zu. Hier in USA kann es einem dann schon eher passieren, daß man um diese Uhrzeit nur noch einen Schnellimbiss findet. Aber das Outback hat normalerweise immer bis elf Uhr auf, manche sogar noch länger.
Ich bestelle mir, wie immer, mein 12 ounce Outback Special. So gestärkt mache ich mich wieder auf den Rückweg. Während der Fahrt zurück beginnt die Kontrollampe wieder leicht zu flackern. Na da werde ich morgen wohl doch die Werkstatt aufsuchen müssen.
Im Motel suche ich mir drei Werkstätten aus, die im Telefonbuch den vernünftigsten Eindruck machen. Ich bin ja gespannt, was mich da morgen erwartet. Aber jetzt falle ich erst einmal hundemüde ins Bett. So hatte ich mir den Abschluß des Lewis & Clark Trails eigentlich nicht vorgestellt…
- Besichtigungen
- Missouri Breaks
- Allgemein
- Frühstück: Westside Restaurant, Malta
- Abendessen: Outback Steakhouse, Billings
- Motel: Red Roofs Inn, Billings
- Tagesetappe: 297 Meilen