Zebulon Montgomery Pike Trail zum Ursprung des Mississippi 1805 — 1806
15. Tag: 25. August 2002 Hannibal — Quincy
Im Telefonbuch habe ich gestern den „Mark Twain Diners” entdeckt, in dem man auch Frühstück bekommt. Das ganze ist als Family Restaurant eingestuft, also für Frühstück perfekt. Ich bestelle mir wieder meine übliche Ration, bestehend aus Eiern, Speck und Toast.
Mark Twain Museum, Hannibal, Missouri
Nach dem Frühstück besichtige ich als erstes die Mark Twain Stätten. Ich beginne mit dem Museum am anderen Ende der Stadt. Hier erfahre ich, daß die Tour normalerweise am anderen Ende mit dem Haus beginnt, in dem Mark Twain als Junge gelebt hat. Aber mein Ticket ist für alle Mark Twain Stätten gültig. Eigentlich hatte ich ja nur vor, das Museum anzuschauen, aber nachdem ich jetzt eh für alles bezahlt habe, plane ich, anschließend auch zu den anderen Gebäuden zu gehen.
Hannibal, Missouri
Im Museum erfährt man einiges über Mark Twain und seine Geschichten, aber auch über den Mississippi und das Leben an seinen Ufern. Auch war mir neu, daß Mark Twain selbst einen dieser Schaufelraddampfer als Kapitän gefahren hat.
Die Schaufelraddampfer brauchten nur drei Fuß (einen knappen Meter) Wasser unter dem Kiel, um fahren zu können. Ab sechs Fuß war man auf der sicheren Seite. Hierfür hatte Mark Twain, der mit bürgerlichem Namen Samuel Clemens hieß, einen neuen Begriff eingeführt: Derjenige, der die Tiefe vermaß, hatte eine Markierung alle 3 Fuß an seinem Seil. Somit war die sichere tiefe „Mark Twain”, was soviel wie zwei Markierungen bedeutete. Und so hatte Samuel Clemens den Namen bekommen, unter dem er als Schriftsteller berühmt werden sollte.
Eine weitere interessante Neuigkeit für mich betraf seine Bücher. Alle Geschichten, die er hier beschrieb, waren eine Mischung aus seiner Phantasie und Dingen, die er wirklich erlebt hatte! Somit steckt in allen Geschichten ein sehr großer Teil an wirklichen Begebenheiten. In seinen Tom Sawyer Geschichten hat er einmal die Szene mit den Medikamenten und der Katze beschrieben. Auch er wollte nie das Medikament nehmen und goß es, immer wenn die Mutter es nicht sah, in eine Ritze am Fußboden — genau wie in seinen Geschichten beschrieben.
Eines Tages wollte die Katze unbedingt das Medikament testen und so ließ er das Tier das Medikament einnehmen. Anschließend torkelte die Katze ziemlich orientierungslos durch die Gegend und seine Mutter meinte nur, daß sie gar nicht versteht, was mit der Katze los ist. In seiner Geschichte sprang die Katze dann durch das geschlossene Fenster ins Freie. Und so kann man viele Details in seinen Geschichten mit der Wirklichkeit in Deckung bringen.
Nachdem ich mir das Museum angesehen hatte, gehe ich noch in den Geschenkeladen. Ein T–Shirt mit einem Spruch gefällt mir recht gut. Leider haben sie es nicht in meiner Größe. Doch der Verkäuferin kommt noch die Idee, dasjenige im Schaufenster anzusehen. Und tatsächlich, dieses ist in meiner Größe! Dazu kaufe ich noch ein paar Postkarten, um meiner Meldepflicht zu Hause genüge zu tun.
Tom Sawyers Zaun, Hannibal, Missouri
Dann fahre ich zu dem eigentlichen Start der Tour am anderen Ende der Stadt. Es geht zwar schon langsam auf zehn Uhr zu, aber für einen Sonntag ist es immer noch ziemlich leer. Die Tour beginnt zuerst mit dem Haus, in dem Samuel Clemens seine Kindheit verbracht hatte. Hier wird auch die Verknüpfung von der Realität, die er erlebt hatte, und seinen Geschichten hergestellt. Die Besichtigung endet im Erdgeschoß wieder in einem Geschenkeladen. Hier sehe ich, daß sie mein T–Shirt auch in meiner Größe gehabt hätten. Das wenn ich vorher gewußt hätte…
Becky Thatchers Zuhause, Hannibal, Missouri
Gegenüber von diesem Haus ist das Haus von Becky Thatcher. Auch sie gab es in Wirklichkeit, nur mit anderem Namen. Nach einer Besichtigung auch dieses Gebäudes mache ich meine Außenaufnahmen. Das Straßenstück ist hier komplett für den Verkehr gesperrt worden. So kann man in Ruhe den besten Platz für seine Aufnahmen aussuchen. Wie ich mich gerade für die nächste Szene positioniere, spricht mich ein älterer Herr an, ob ich das berufsmäßig mache. Ich kläre ihn auf, daß es im Moment noch reines Hobby ist. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt. Er erzählt mir auch, daß er mich bereits gestern im Travelodge gesehen hatte. Er hat ebenfalls dort übernachtet. Er wußte sogar, daß ich im ersten Stock mein Zimmer hatte. So wird man also beobachtet. Ich hätte nie gedacht, daß ich soviel Aufmerksamkeit auf mich ziehen würde…
Als nächstes möchte ich die Statuen von Tom Sawyer und Huckleberry Finn aufnehmen. Diese stehen am Fuße des Cardiff Hill. Hierzu muß ich wieder am Auto vorbei. Ich nutze die Gelegenheit, etwas zu trinken. Schließlich ist es schon wieder an die 30°C!
Tom Sawyer & Huckleberry Finn Statue, Cardiff Hill, Hannibal, Missouri
Dann setze ich den kurzen Fußmarsch zum Hügel fort. Die Statuen sind hervorragend gemacht. Auch ist das ganze sehr schön mit Blumen eingefaßt. Ein Schild auf der linken Seite weist mir den Weg zu dem Leuchtturm, der zwar nie in Betrieb genommen wurde, aber trotzdem in den Geschichten von Mark Twain eine Rolle spielt.
Es geht ziemlich steil den Hügel hinauf. Dann erreicht man eine kurze Ebene und von dort aus geht es weiter in ziemlich steilen Treppen, bis ich auf eine Straße stoße. Diese führt mich nach wenigen Schritten zu einem Parkplatz, von dem es nur noch einige steile Stufen bis zum Leuchtturm sind. Na da hätte ich mir eine Menge Schweiß sparen können, wenn ich gefahren wäre…
Oben angekommen sitzt ein älterer Herr am Tisch im Schatten. Höflich wie ich bin, begrüße ich ihn. Das ist dann der Anfang für einen langen Monolog von ihm, der nicht mehr zu bremsen ist. Ich vermute, daß er hauptsächlich auf Touristen wartet, um sich mit ihnen zu erhalten. Aber es sind auch ein paar sehr interessante Details von ihm zu hören. So war er damals hier oben, als die große Flut den Mississippi vor ein paar Jahren herunter kam. Er konnte richtig sehen, wie der Fluß in kürzester Zeit alles überflutete.
Nach etwa einer halben Stunde verabschiede ich mich und starte meine Filmaufnahmen. Dann mache ich mich auf den langen Rückweg. Aber bergab geht das ganze deutlich einfacher und bequemer. An dem Zwischenplateau angekommen sehe ich, daß man von hier auf die Ortseinfahrt von Hannibal blicken kann. Dort ist auch ein großes Schild, das auf die Heimatstadt von Mark Twain aufmerksam macht.
Ich nutze die Gelegenheit, um auch dieses im Film festzuhalten. Dann steige ich den restlichen Weg hinunter. Jetzt sind es nur noch ein paar Minuten bis zum Auto. Ich liege noch immer gut in der Zeit. Mein nächstes Ziel ist die Cameron und Mark Twain Höhle. Der Weg dorthin ist nicht allzu weit mit dem Auto.
Da geht es aber schon deutlich mehr zu. Die Eintrittspreise sind auch ganz schön happig. Schlappe 12 Dollar sind für die Höhle zu berappen. Die nächste Führung geht in einer viertel Stunde los. Geschickterweise wartet man auch hier in einem Geschenkeladen und verbringt seine Zeit damit, sich umzusehen. Nach einem kurzen Rundgang frage ich noch einmal nach, ob das auch wirklich beide Höhlen sind. Da erklärt er mir, daß ich nur ein Ticket für die Mark Twain Höhle hätte. Die Cameron Höhle ist komplett ohne Beleuchtung. Aber ich kann auch hier an einer Führung teilnehmen, die in etwa zur selben Zeit beginnt. Der Eintritt für diese Höhle beträgt normalerweise 15 Dollar, aber wenn man beide Höhlen besichtigt, ist der Aufpreis nur noch 9 Dollar.
Die langen ja ganz schön hin. Und zu meinem entsetzen habe ich vergessen meine Geldvorräte im Geldbeutel aufzufüllen. Ich überlege fieberhaft, wie ich an mein Geld rankomme, ohne daß jeder sieht, wo ich es aufbewahre. Dann kommt mir der rettende Einfall mit den Traveller Checks. Glücklicherweise akzeptieren sie diese und ich habe auch immer einen Griffbereit im Geldbeutel. Also bezahle ich die zweite Höhle und hebe mir das Ticket für die Mark Twain Höhle auf. Die Cameron wird nämlich nur ein paar mal am Tag besichtigt, weil hier die Nachfrage nicht so groß ist.
Dann kommt unser Führer mit einem Schwung tragbarer Laternen herein. Na da bin ich ja gespannt, ob ich hier mit meiner Kamera auch durchkomme. Außer mir sind nur noch vier weitere junge Leute dabei. Niemand jedoch im oft gesehenen XXL–Format, weil die in dieser Höhle Probleme bekommen würden.
Wir marschieren über die Straße zum Hügel auf der anderen Seite. Nach einem kurzen, steilen Aufstieg sind wir am Eingang angekommen. In einem kleinen Vorraum versammeln wir uns und bekommen unsere Instruktionen. Auch ein Plan für die Höhle wird uns gezeigt. Aber die ganzen Verzweigungen und Verästelungen kann man sich sowieso nicht auf die schnelle merken.
Dann geht es hinein. Der Boden der Höhle ist sandig und die Felskanten ziemlich schroff. Teilweise geht es ziemlich eng durch. Unser Führer macht seine Sache wirklich gut. Das ganze erinnert mich an die lockere Führung damals in Montana, als ich mir die Lewis & Clark Höhle angeschaut hatte. Aber im Gegensatz zu dieser sind hier wirklich absolut keine Lampen eingebaut. Das einzige Licht kommt von unseren kleinen Handlaternen.
Mir gehen dabei fast schon die Hände aus. In einer Hand habe ich die Laterne, in der anderen führe ich die Kamera. Zum Glück habe ich gleich mein Schulterstativ angeschraubt und so gelingen auch die Gehaufnahmen überraschend gut. Ich entschließe mich, die Kamera fast kontinuierlich mitlaufen zu lassen. Der Nachteil ist allerdings, daß ich hier keine Bilder haben werde. Aber dafür habe ich den gesamten Kommentar auf Video.
Wir marschieren weiter und plötzlich fliegt eine Fledermaus vorbei. Unser Führer erzählt uns, daß hier viele in der Höhle Leben. Aber man braucht keine Angst zu haben. Normalerweise treffen sie nicht einmal auf einen, so lange man sich nicht bewegt.
Ein Stück weiter sehen wir sogar eine an der Wand hängen, direkt auf Augenhöhe. Man kommt gerade an ihr vorbei ohne sie zu berühren, weil hier die Felsen ziemlich nahe beieinander stehen. Der letzte Höhepunkt der Höhle ist ein kleines Loch, durch das man auf allen vieren kriechend in einen zweiten Raum gelangen kann. Der Führer erklärt ausdrücklich, daß wir hier nicht durch müssen. Der Weg ist als Option zu verstehen. Wer nicht hier durch möchte, der soll den Gang etwas weiter gehen. Dort kommen sie dann wieder auf den alten Weg zurück.
Eigentlich würde ich ja gerne mitgehen, aber zum einen habe ich nur diese eine Hose dabei und die dürfte ziemlich viel Lehm abbekommen, wenn wir hier durchrobben. Zum anderen hängt meine ganze Ausrüstung an mir. Also beschließe ich, als einziger den einfachen Fußweg den Gang hinunter zu nehmen. Und tatsächlich, nach kurzer Zeit taucht die Gruppe wieder auf.
Dann geht es weiter durch den Rest der Höhle, bis wir wieder am Ausgang ankommen. Von dort ist es nur noch ein kurzer Fußmarsch zurück zum Geschenkeladen und zum Beginn der nächsten Tour durch die Mark Twain Höhle. Wir müssen eine knappe viertel Stunde warten, dann geht es auf zur zweiten Tour.
Hier sind dann schon deutlich mehr Leute unterwegs. Auch der Führer bringt die Sache nicht so gut, wie sein Vorgänger. Die Höhle selbst ist entsprechend ausgeleuchtet. In dieser Höhle war auch Mark Twain. Hier hatte der Teil der Geschichte seinen Ursprung, als Tom Sawyer mit Becky Thatcher sich in einer Höhle verirrten.
Alles in allem gefällt mir diese Führung deutlich weniger, als die erste. Alle Witze wirken auswendig gelernt, die Geschichten einfach nur runter erzählt. Den meisten aber scheint es ganz gut zu gefallen. Na ja, wenn man es nicht besser kennt…
Nach der Führung breche ich auf zu meinem heutigen Tagesziel Quincy. Die Entfernung ist nicht allzu groß. Zuerst geht es wieder zurück nach Hannibal. Kurz vor dem Ort gibt es noch eine Abzweigung zum „Lovers Leap”. Dies klingt nach einem guten Aussichtspunkt!
Mississippi River, Missouri
Ich biege also ab und werde tatsächlich mit einem schönen Ausblick auf dem Mississippi belohnt. Der Platz ist direkt an einer Felskante und zur Sicherheit der Besucher sind hier Zäune gespannt. Ich führe ein kurzes Gespräch mit einem älteren Herren. Er erzählt mir, daß er früher als Kind mit seinen Freunden auf der Felskante gesessen ist, die Füße über dem Abgrund baumelnd, und sie hatten ausprobiert, wer weiter spucken kann. Heute würde er das nicht mehr machen, aber wenn man jung ist…
Kurz darauf fahre ich wieder zurück auf den Highway 79. Ich überquere bei Hannibal auf der Interstate 72 den Mississippi.
Weiter geht es bis zur Abzweigung des Highway 57. Dieser führt mich direkt bis nach Quincy.
Dort biege ich auf den Highway 104 nach Osten. Auf diesem fahre ich bis zum Super 8 Motel, meinem heutigen Tagesziel.
Ich habe Glück und bekomme noch ein Zimmer im Erdgeschoß. Dann beginnt wieder meine tägliche Routine: Alles zusammenpacken, Koffer und Tasche auf das Zimmer schleppen, Film kontrollieren. Dann fahre ich los zum Abendessen. Nicht weit entfernt befindet sich das Ruby Tuesday. Laut Auskunft vom Motel soll es hier sehr gutes Essen geben. Also probiere ich es einfach einmal aus.
Das Restaurant ist recht gemütlich eingerichtet. Es erinnert etwas an den Stil aus vergangen Tagen. Auch die Musik geht mehr in die Oldie Richtung. Das einzige, was wirklich stört, ist die extrem kalt eingestellte Klimaanlage. Das Essen dafür ist wirklich reichhaltig und hervorragend. Hier würde ich jederzeit wieder zum Essen gehen.
Ich habe sogar etwas Zeit mich mit meiner Bedienung zu unterhalten. Sie wird nächstes Jahr nach Deutschland kommen. Auf meine Frage, ob sie jemanden besuchen wird, sagt sie nein. Sie wird in die Armee eintreten und da wird man auch in Deutschland stationiert. Sie hofft auch, dort Verwandte besuchen zu können. Ihre Mutter ist schließlich aus Deutschland. Gegen dreiviertel neun verabschiede ich mich und bezahle und fahre zurück zum Motel.
- Besichtigungen
- Mark Twain Museum (Eintritt $6)
- Hannibal
- Cameron und Mark Twain Höle (Eintritt $21)
- Lovers Leap
- Allgemein
- Frühstück: Mark Twain Diners, Hannibal
- Abendessen: Ruby Tuesday, Quincy
- Motel: Super 8, Quincy
- Tagesetappe: 67 Meilen